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Neue LSD-Derivate wie 1P-LSD, 1cP-LSD oder 1V-LSD haben in den letzten Jahren wiederholt Schlagzeilen gemacht. Die Rechtslage ist für viele unübersichtlich und dynamisch geblieben. Ein pauschaler Bann aller LSD-Varianten wurde im Herbst 2025 abgelehnt; statt eines generischen „Blanket Bans“ will die Bundesregierung weiterhin einzelne Substanzen gezielt per Verordnung nachlisten. Dieses Katz-und-Maus-Spiel verdeutlicht die Grenzen der aktuellen Verbotspolitik: Stets tauchen geringfügig veränderte Analog-Verbindungen auf, bis das Gesetz nachzieht.

LSD-Derivat Liveticker Aktuell

🔹 Status: 1S-LSD & 1SB-LSD legal – noch nicht vom BtMG oder NpSG erfasst

Bundesregierung kein Blanket Ban – stattdessen gezielte Verordnung zur Ergänzung der NpSG-Anlage um neue LSD-Derivate, einschließlich 1S-LSD und sehr wahrscheinlich auch 1SB-LSD. Noch ist nichts beschlossen – die nächsten Wochen bleiben entscheidend.

  • 1S-LSD & 1SB-LSD: Verordnung angekündigt In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drs. 21/1927) werden 1S-LSD sowie verwandte Lysergamide als Kandidaten zur Aufnahme in die NpSG-Anlage genannt.
  • Bundesrat – Plenum Die veröffentlichte Tagesordnung enthält keinen Punkt zur Änderung der NpSG-Anlage – also noch keinen Beschluss zu 1S- oder 1SB-LSD.
  • Frist: Vermittlungsausschuss möglich Der Bundesrat könnte den Vermittlungsausschuss anrufen, um seinen abgelehnten Blanket-Ban-Vorschlag durchzusetzen – würde das Verfahren aber weiter verzögern.
  • Vorläufige TO November-Plenum Veröffentlichung der Tagesordnung. Ergänzungen sind bis 11. November möglich. Falls nicht gelistet, nächste Chance am 19. Dezember.
Quelle: BT-Drs. 21/1927 (Gegenäußerung – 1S-LSD in Verordnung), Bundesrats-Tagesordnungen (Stand Oktober 2025).

Zeitstrahl der Gesetzesänderungen

  • Juli 2019: Fünfte NpSG-Änderung. In Anlage 1 Nr. 5.2 (Δ⁹,¹⁰-Ergolene) wurden u.a. ALD-52 und 1P-LSD aufgenommen – beide fallen seither unter das NpSG.

  • Juli 2021: Zweite Verordnung zur NpSG-Novelle (BgBl. I S. 2320). Ab 2.7.2021 ist 1cP-LSD verboten (NpSG). Besitz ist nach §3 NpSG zwar untersagt, aber nur Herstellung/Handel sind strafbar.

  • Sept. 2022: Geplanter NpSG-Bann für 1V-LSD (Bundesrat 26.9.2022). Ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung wollte 1V-LSD verbieten, doch ein Interpunktionsfehler im Text machte das Verbot unwirksam.

  • März 2023: Korrektur im NpSG. Die Formulierung wurde präzisiert und ab März 2023 ist 1V-LSD definitiv erfasst (verboten).

  • Juni 2024: NpSG-Änderung. Am 14.6.2024 beschloss der Bundesrat eine Neufassung, mit der 1D-LSD ins NpSG aufgenommen wurde. Das Gesetz trat am 27.6.2024 in Kraft. (Damit wurde der zuletzt freie Stoff 1D-LSD verboten.)

  • Sept. 2025: Bundesratsinitiative. Am 26.9.2025 empfahl der Bundesrat einen noch weiter gefassten Stoffgruppen-Text, um alle LSD-Analoga (z.B. auch 1S-LSD) künftig zu erfassen. Das wäre einem Blanket Ban nahegekommen.

  • Okt. 2025: Regierungsreaktion (Drucksache 21/1927 vom 1.10.2025). Die Bundesregierung lehnte den generellen Verbotssatz ab und berief sich auf Art. 103 GG. Geplant ist stattdessen, mit einer Verordnung gezielt bestimmte neue Derivate – namentlich 1S-LSD – in Anlage 1 NpSG aufzunehmen. Bis zum Inkrafttreten bleibt 1S-LSD formell legal (praktisch aber auf der Abschussliste).

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Hintergrund: Gesetzliche Vorgaben

Das Grundgesetz verlangt nach Art. 103 Abs. 2 GG ein Bestimmtheitsgebot für Strafgesetze: Bürger müssen vorhersehen können, welches Verhalten verboten ist. Ein zu weit gefasster Generalklausel-Paragraph würde hieran nach Auffassung der Bundesregierung deutlich scheitern. Ein breites Verbot aller denkbaren LSD-Varianten würde „chemisch gesehen unendlich viele Möglichkeiten“ eröffnen und wäre für den Einzelnen nicht mehr vorhersehbar. Deshalb beschränkt sich die Regelung bisher auf konkret definierte Grundgerüste (im NpSG: Δ⁹,¹⁰-Ergolene mit bestimmten Substituenten). Weitere Derivate sollen nur anhand konkreter Listen oder Stoffgruppenveränderungen unter Strafe gestellt werden.

Geltende Bestimmungen (Stand Okt. 2025)

  • LSD (Lysergsäurediethylamid): Vollständig illegal, gelistet in Anlage I zum BtMG. Schon kleine Mengen führen zu Strafverfolgung.

  • Bekannte Analoga (1P-LSD, 1cP-LSD, 1V-LSD, 1D-LSD usw.): Diese N-1-acylierte Derivate gelten seit entsprechenden NpSG-Novellen als neue psychoaktive Stoffe. Sie fallen unter die Gruppenregel Δ⁹,¹⁰-Ergolene und sind Produktion/Handel verboten. Besitz ist ebenfalls untersagt, wird aber nach NpSG nur beim gewerbsmäßigen Handel sanktioniert.

  • 1S-LSD: Formal noch nicht erfasst, also (Stand Okt. 2025) legal. Die Bundesregierung will 1S-LSD jedoch per Verordnung nachtragen. Mit Inkrafttreten wäre auch 1S-LSD verboten. Bis dahin gilt es als Grauzone.

  • Ältere Lysergamide (AL-LAD, ETH-LAD, PRO-LAD etc.): Viele Klassiker wie AL-LAD oder 1P-AL-LAD sind ebenfalls über das NpSG verboten. Andere Derivate (z.B. LSZ, LSM-775) waren dagegen nie ausdrücklich genannt und bewegen sich de facto in einem rechtlichen Graubereich. In jedem Fall beobachtet der Gesetzgeber den Markt aufmerksam; fehlende Listeinträge können jederzeit ergänzt werden.

Bewertung: Folgen der Verbotsstrategie

Die immer neue Nachschärfung der Verbotslisten zeigt die Schwächen der verbotsorientierten Politik. Statt massiven Konsumrückgangs hat es vor allem ein Verdrängungsphänomen gegeben: Kaum ist ein Analog verboten, tauchen Folgeverbindungen auf. So entwickelte die Szene auf die Verbote von 1V-, 1cP- und 1D-LSD jeweils neue Derivate, etwa 1S-LSD. Staatliche Statistiken und Studien belegen zudem, dass der Gebrauch von LSD-Analoga in der Bevölkerung äußerst gering war und bleibt. In Europa machten Neue Psychoaktive Stoffe (NPS) 2014–2017 nur etwa 6 % der drogenbedingten Klinik-Notfälle aus (an erste Stelle standen synthetische Cannabinoide und Cathinone). Eine internationale Umfrage zeigte, dass nur rund 0,2 % der LSD-Konsumevents in einer medizinischen Behandlung endeten – typischerweise wegen kurzfristiger Angstzustände oder Verwirrtheit. Langfristige psychiatrische Störungen traten nahezu nie auf; Krebs und Johansen fanden, dass LSD, Mescalin oder Psilocybin an sich kein Risiko für die psychische Gesundheit darstellen.

Diese Erfahrung der letzten Dekade spricht dafür, die generelle Gefährlichkeit von LSD-Analoga nicht zu überschätzen. Die Debatte ähnelt der um Cannabis: Kriminalisierung bewirkte hier wie dort eher Produktions- und Vertriebsverlagerungen als tatsächliche Gefahrenabwehr. So mahnt Strafrechtler Sobota, die meisten Argumente für eine Cannabis-Legalisierung träfen nach wissenschaftlicher Sichtweise ebenso auf andere Substanzen zu. Eine starre Verbotslinie treibt Konsumenten nur ins Schattenreich neuartiger Forschungschemikalien, ohne den Gesundheitsschutz spürbar zu verbessern.

Fazit: Es bleibt abzuwarten, wie die angekündigten Nachnahmen (1S-LSD u.v.m.) umgesetzt werden. Klar ist jedoch: Die seit 10 Jahren wiederholten Analoga-Verbote haben keinen Drogennotstand ausgelöst und zeigen zugleich deren Grenzen. Ein zu pauschaler Anwendungsbereich für neue Betäubungsmittel würde die Rechtsklarheit untergraben. Stattdessen setzt die Politik nun auf Einzellisten.

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Primärquellen: Bundestag, Bundesrat, Gesetze

  1. Deutscher Bundestag – Drucksache 21/1927 (01. 10. 2025):
    „Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG) – Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates“
    → Enthält die Ablehnung des Blanket Bans durch die Bundesregierung mit Verweis auf das Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) und die Ankündigung, 1S-LSD und Nitazene per Verordnung in die NpSG-Anlage aufzunehmen.
    🔗 dserver.bundestag.de/btd/21/019/2101927.pdf
  2. Bundestag – hib-Meldung Nr. 563/2025 (01. 10. 2025):
    „Bundesregierung lehnt pauschales Verbot von LSD-Derivaten ab“
    → Offizielle Kurzmeldung des Bundestags zur Gegenäußerung; bestätigt das geplante Vorgehen per Verordnung.
    🔗 bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1112808
  3. NpSG – Gesetzestext in aktueller Fassung (Stand: Juni 2024):
    → Enthält Definitionen der Stoffgruppen, u. a. Anlage 1 Nr. 5.2 „Δ⁹,¹⁰-Ergolen-Derivate“ (Erfassung vieler LSD-Analoga).
    🔗 buzer.de/gesetz/12367/index.htm
  4. BtMG – Betäubungsmittelgesetz, Anlage I:
    → Regelt das Verbot klassischer LSD-Formen (Lysergsäurediethylamid).
    🔗 buzer.de/gesetz/6019/a81973.htm

Wissenschaftliche Studien & Publikationen

Krebs & Johansen (2013):
„Psychedelics and Mental Health: A Population Study“, PLoS ONE 8(8): e63972
→ Große epidemiologische Studie; kein Nachweis erhöhter Raten psychischer Störungen bei LSD-, Psilocybin- oder Mescalin-Konsum.
🔗 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23976938

Liechti et al. (2019):
„Pharmacology of LSD and LSD analogs: Recent advances“, Neuropharmacology 161
→ Überblick über pharmakologische Eigenschaften aktueller LSD-Analoga; kein Hinweis auf erhöhtes öffentliches Gesundheitsrisiko.
🔗 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31083768

Erowid / Nichols & Halberstadt (2021):
„Lysergamides revisited: Structure–activity relationships and safety“, Frontiers in Pharmacology 12: 626664
→ Übersicht über Struktur-Wirkungs-Beziehungen von LSD-Derivaten; betont geringe Toxizität und relative Sicherheit im Vergleich zu anderen NPS.
🔗 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33833727

EMCDDA & Euro-DEN Plus (2017–2023):
„European Drug Emergencies Network data on LSD analogs“
→ Dokumentiert extrem niedrige Fallzahlen von Krankenhausaufenthalten durch LSD-Derivate in Europa.
🔗 emcdda.europa.eu/topics/nps